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Strahlenwerte, ein verschwundener Präsident und die Frage der Verstaatlichung
– Beobachtungen 28.–31.3.2011

  • Die IAEA hat am 31.3.2011 – ebenso wie Greenpeace – in dem Dorf Iitate, ca. 40 km von den Unglücksmeilern entfernt, sehr hohe Strahlenwerte gemessen, die auch über denen liegen, die an den Messstationen innerhalb der 20 km-Zone festgestellt wurden. Aufgrund dieser Ergebnisse hat die IAEA, wie bereits Greenpeace einige Tage zuvor, eine Ausweitung der Evakuierungszone empfohlen.
  • Die Regierung hat die Ausweitung der Evakuierungszone erneut abgelehnt. Eine bereits am 29.3.2011 von NISA-Sprecher NISHIYAMA Hidehiko gegebene Begründung für die ablehnende Haltung lautete, dass der Regierung die hohen Strahlenwerte in dem Ort bekannt seien, dass man dort auch bereits die Bevölkerung gewarnt und zum freiwilligen Verlassen des Ortes aufgerufen habe. Dieser Aufforderung seien auch fast alle Bewohner gefolgt, so dass der Ort mittlerweile praktisch menschenleer ist. Der Ort stelle aufgrund seiner geographischen Lage eine Besonderheit dar. Eine generelle Ausweitung der 20 km-Zone und der 30 km-Zone, in der eine Evakuierung empfohlen wird, sei aber nicht angebracht. Außerdem halte man die Messdaten von Greenpeace ohnehin nicht für vertrauenswürdig, da die Organisation parteiisch sei. (Quelle: Pressekonferenz NISA auf niconico live am 29.3.2011, 19:30 Uhr JST)
  • Nach Aussagen eines Strahlungsspezialisten auf NHK vom 30.3.2011 zeigen die in der 20 km-Zone gewonnenen Strahlenwerte tatsächlich eine rückläufige Tendenz seit dem 16.3.2011. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die radioaktive Strahlung vor allem durch die Explosionen über weite Strecken verbreitet worden sei. Solange keine neue Explosion stattfinde, sei die Kontamination vor allem auf die unmittelbare Umgebung des Kernkraftwerks beschränkt.
  • Unterdessen wollen immer mehr Menschen aus der Evakuierungszone in ihre Häuser zurückkehren, und tun dies offenbar auch. Daraus ergibt sich ein Versorgungsproblem, denn die Versorgung mit Strom, Wasser und Lebensmitteln ist für diese Gegenden zur Zeit nicht gewährleistet. Auf der Pressekonferenz des Vorstandsvorsitzenden der TEPCO, KATSUMATA Tsunehisa, am 30.3.2011 wurde das Unternehmen von einem Medienvertreter aufgefordert, seiner Verantwortung diesen Menschen gegenüber gerecht zu werden und deren Versorgung sicherzustellen.
  • Anfang der Woche (29.3.2011; Asahi online) berichteten die japanischen Medien darüber, dass sich ein Gemüsebauer aus der Evakuierungszone umgebracht habe, weil er angesichts der Katastrophe keine Perspektive für die Zukunft mehr gesehen habe. (Quelle: Asahi.com, Zugriff am 29.3.2011)
  • Wieso der Präsident der TEPCO, SHIMIZU Masataka, sich seit über zwei Wochen (seit dem 13.3.2011) nicht in der Öffentlichkeit gezeigt hat, wurde von den Vertretern aller großen japanischen Medien auf den Pressekonferenzen der TEPCO mit immer größerer Vehemenz gefragt, seitdem am 27.3.2011 der Vizepräsident der Gesellschaft, MUTŌ Sakae, zugeben musste, dass der Chef sich im Krankenhaus befand. Zunächst ließ TEPCO verlauten, dass sich Shimizu seit Beginn der Krise in den Räumen des Hauptquartiers aufhalte und dort rund um die Uhr an der Lösung der Probleme arbeite. Es wurde sogar zum Ende einer Pressekonferenz ein Mitarbeiter in den Konferenzsaal geschickt, um zu bestätigen, dass sich der Präsident genau zu dieser Zeit in den Räumen aufhalte. Trotz des offenkundigen Unwillens unter den Medienvertretern erschienen aber zunächst keine Meldungen in der japanischen Presse.
  • Am 29.3.2011 meldete die Nachrichtenagentur Kyodo News Service dann unter Berufung auf das Wall Street Journal, dass Shimizu abgetaucht sei, wie es wohl unter japanischen Trägern von Verantwortung üblich sei, wenn Schwierigkeiten aufträten.
  • Am 30.3.2011 präsentierte TEPCO dann den Vorstandsvorsitzenden Katsumata (71) der Presse als Vertreter für Shimizu, der; wie nun erklärt wurde, tatsächlich mit Herz-Kreislaufproblemen während der letzten Wochen mehrfach zusammengebrochen sei, dies hätte auch zu mehrtägigen Krankenhausaufenthalten geführt, und auch zu diesem Zeitpunkt befinde sich der Präsident im Krankenhaus.
  • Auf wiederholte Fragen, ob es nicht eine schwierige Situation sei, gerade in einer solchen Krise ohne höchsten Entscheidungsträger dazustehen, erklärte Katsumata, dass dies tatsächlich ein großes Problem sei, dass er selbst aber von Anfang an im Krisenstab mitgearbeitet habe und versuche, diese Lücke zu schließen. Da Katsumata selbst 2008 wegen eines schlecht abgewickelten Reaktorunfalls als Präsident zurücktreten musste, erhöht dies wahrscheinlich nicht die Glaubwürdigkeit von TEPCO in der Öffentlichkeit. (niconico live, 30.3.2011)
  • Auf der o.a. Pressekonferenz von TEPCO mit dem Vorstandsvorsitzenden Katsumata am 30.3.2011 wurde auch deutlich, dass TEPCO davon ausgeht, nicht verstaatlicht zu werden. Man wolle gemäß der gesetzlichen Vorgaben vorgehen und rechne mit den entsprechenden Zuschüssen der Regierung bei den zu erwartenden Schadensersatzleistungen. Diese belaufen sich zur Zeit auf mindestens 11 Mrd. Yen. Eine Summe von 2 Mrd. Yen an Bankkrediten habe sich das Unternehmen bereits gesichert, was aber nicht ausreiche, um die Energiekrise zu überstehen. Man hoffe auf die Kooperationsbereitschaft der Regierung. (Quellen: Mitschriften der o.a. Pressekonferenz und Nikkei.com (engl. Ausg.) ; Zugriff am 31.3.2011).

MRO

Datum: 31.3.2011





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